Europäerinnen und Europäer wollen eine politische Union

„Ein vereinigtes Europa ist näher, als man denkt“, schreibt Miguel Otero-Iglesias in einem Artikel für das Onlinemagazin politico.eu. Hindernis seien nicht, wie von Meinungsführern behauptet, die Bürger, sondern die Eliten. Otero-Iglesias legt überzeugend dar, dass die große Mehrheit der EU-Bürger trotz gelegentlicher Systemkritik nicht die europäische Integration als solches ablehnt. Der Graben verlaufe nicht zwischen nördlichen und südlichen Ländern, sondern vielmehr zwischen Mitgliedstaaten innerhalb und außerhalb der Währungsunion und Menschen mit kosmopolitischer und nationaler Ausrichtung.

Viele Wissenschaftler und politische Analysten seien sich einig, dass die Eurozone nur dann bestand haben könne, wenn sie zu einer Fiskalunion und damit folglich auch zu einer politischen Union weiterentwickelt würde, schreibt Otero-Iglesias. Gleichzeitig argumentierten jedoch einflussreiche Kommentatoren, dass dies vor dem Hintergrund einer vergrößerten Kluft zwischen Nord und Süd innerhalb der EU nicht machbar sei. Als Beweis zitierten sie die Ergebnisse der letzten Europawahl, in der sie einen Anstieg an Europaskepsis ausmachten. Dies sei ein Irrtum, so Otero-Iglesias, denn Europaskepsis dürfe nicht mit Europakritik verwechselt werden. Es gebe einen großen Unterschied zwischen dem französischen Front National und der britischen UKIP auf der einen und dem spanischen Podemos und der griechischen Syriza auf der anderen Seite. Erstere lehnten die EU rundheraus ab. Letztere würden die EU zwar kritisieren, einer föderalen und demokratischen EU, in der der Kommissionspräsident direkt gewählt würde, jedoch zustimmen, ist der Autor überzeugt.

Dass die wahren Europaskeptiker in Wirklichkeit nicht mehr als 20 Prozent ausmachten, bedeute aber nicht, dass die verbleibenden 80 Prozent deshalb gleich Interesse hätten, die Vereinigten Staaten von Europa zu gründen, schränkt Otero-Iglesias ein. Aus den Ergebnissen des letzten Eurobarometers leitet der Autor jedoch ab, dass die Europäer mehr und nicht weniger europäische Integration wollten. 67 Prozent der Befragten innerhalb der Eurozone befürworteten den Euro, währen dies nur 35 Prozent außerhalb der Eurozone täten. Des Weiteren würden 62 Prozent der Befragten innerhalb der Eurozone angeben, sie fühlten sich sowohl europäisch als auch ihrer eigenen Nationalität zugehörig. Außerhalb der Eurozone seien es nur 53 Prozent. Die Zustimmungswerte der Briten lägen aber bei diesen Themen und bei der Außen- und Sicherheitspolitik noch einmal deutlich unter dem des Durchschnitts der Nicht-Euro-Staaten. Otero-Iglesias sieht in der britischen Wahrnehmung auch einen Erklärungsansatz dafür, dass britische Kommentatoren der Möglichkeit, eine politische Union zu schaffen, besonders skeptisch gegenüber stehen. EU-weit und speziell innerhalb der Eurozone macht er eine größere Zustimmung für weitere Integrationsschritte aus.

Den Artikel „A united Europe is closer than you think“ von Miguel Otero-Iglesias mit vielen informativen Graphiken finden Sie Opens external link in new windowhier.

Die Ergebnisse der Eurobarometer-Umfrage, auf die sich der Autor bezieht, finden Sie hier.