Das Schweizer Referendum: Menetekel für Europa

Der Ausgang des Schweizer Referendums über die Freizügigkeit sei alles andere als ein isoliertes helvetisches Ereignis, sagt Rainer Wieland, Präsident der Europa-Union Deutschland. "In Anbetracht der krisenhaften Erscheinungen unserer Zeit sehnen sich viele Menschen nach einer heilen Welt. Nun ist in der Schweiz eine knappe Mehrheit den einfachen Erklärungen der Blocher-Partei erlegen." Wieland bedauert das Ergebnis dieser Abstimmung und sieht darin mehr als nur einen lokalen Vorgang.

"Die Schweiz liegt mitten in Europa. Auch wenn sie nicht der Europäischen Union angehört, ist sie aufs engste mit dieser verbunden." Wieland warnt: "Die Bereitschaft zur Selbstabschottung, zum Rückzug aus der europäischen Zusammenarbeit ist überall in Europa spürbar. Dieser rückwärtsgewandte Zeitgeist wird auch die Europawahl beeinflussen, wenn die proeuropäischen politischen Kräfte sich nicht eindeutig positionieren."

"Die innereuropäische Freizügigkeit und Fragen der Zuwanderung, das werden bestimmende Themen der Europawahl sein", zeigt sich Wieland überzeugt. "Da dürfen die demokratischen Parteien sich nicht einfach wegducken und den Populisten das Feld überlassen." Die Freizügigkeit gehöre zu den größten Errungenschaften Europas und dürfe nicht aufs Spiel gesetzt werden. Es stehe zu befürchten, dass besonders die rechtspopulistischen Parteien in vielen EU-Staaten das Signal, das mit dieser Abstimmung von der Schweiz ausgehe, begierig aufgreifen würden. "Diejenigen, die jetzt nicht vor der Wahl Farbe bekennen, brauchen nicht am Wahlabend mit betroffenen Gesichtern vor die Kameras zu treten."

"Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern erklären, warum nur ein offenes Europa, ein Europa der Zusammenarbeit und des Austauschs, eine wirtschaftliche Dynamik entfalten kann, die uns eine Freiheit und Wohlstand sichernde Zukunft erlaubt", sagt der Präsident der Europa-Union Deutschland. "Sollten wir in Europa anfangen, uns voneinander abzuschotten, wird die Europäische Union in überschaubarer Zeit am Ende sein." Es stehe viel auf dem Spiel, der Konsens der die europäische Integration bejahenden politischen Kräfte sei nun gefragt, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. "Die Parteien müssen für ihre unterschiedlichen Wege in die Zukunft werben. Die durchaus unterscheidbaren Standpunkte müssen im Europawahlkampf deutlich werden. Die Grundwerte Europas müssen wir aber in überparteilicher Übereinstimmung hochhalten und gegen ihre Feinde verteidigen."

Wieland sagte darüber hinaus mit Blick auf die Verträge zwischen der EU und der Schweiz, europäische Zusammenarbeit sei kein cherry picking. Man könne nicht den Binnenmarkt für Kapital, Waren und Dienstleistungen haben wollen und die Arbeitnehmerfreizügigkeit ablehnen. Gleichzeitig rief der Europa-Union Präsident zu weitsichtigem Umgang mit der eingetretenen Situation auf. „Die Kommentierung dieses Ereignisses darf jetzt nicht in die Kavallerie-Abteilung abrutschen.“ Denn dies würde nur die Europa ablehnenden Kräfte stärken. Wieland weiter: „Egal um welches zu lösende Problem es sich handelt, Rechts- und Linkspopulisten sind immer nur daran interessiert, Wasser auf die eigenen Mühlen zu lenken. Das Wohlergehen ihres eigenen Landes ist ihnen im Grunde gleichgültig.“