"Der Europäische Gedanke 66 Jahre nach Kriegsende"

66 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs steht die Europäische Union vor großen Herausforderungen. Kontroversen über die Frage, welches Land in den Kreis der aktuell 27 Mitgliedsstaaten aufgenommen werden soll, werden aktuell noch übertroffen vom Thema Euro-Krise und Verhältnis der EU zu den Umwälzungen in Nordafrika. Um dies zu diskutieren, lud die Europa Union Brandenburg u.a. den ehemaligen Stellv. Ministerpräsidenten Jörg Schönbohm und den Präsidenten der Europäischen Bewegung Deutschland, Dr. Dieter Spöri, nach Potsdam ins Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte.

 

Am 24. Februar 2011 veranstaltete der Landesverband der Europa Union im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte am Neuen Markt in Potsdam diese Veranstaltung mit dem Untertitel "Transfer-Union, Wertegemeinschaft, Friedensbündnis, oder … ?" im Rahmen der Reihe "Europa in Potsdam - Potsdam in Europa" unter Beteiligung von Jörg Schönbohm, ehem. Stellv. Ministerpräsident Brandenburg, und Dr. Dieter Spöri, Präsident der Europäischen Bewegung Deutschland. Leider musste der ebenfalls eingeladene ehem. MdEP und Publizist Andre Brie, aus privaten Gründen kurzfristig absagen.

Hintergrund für die Veranstaltung war, dass sich die Europa Union aktuell im Prozesse der Überarbeitung ihres Grundsatzprogramms von 1946 ("Herthensteiner Programm") befindet. In Verbindung mit der aktuellen Krise durch die Euro-Turbulenzen ging es darum, über einen Rückblick über mehr als 6 Jahrzehnte Europäische Union die Wegmarken für eine zukünftige Orientierung Europas zu erkennen. Vor dem Hintergrund aktueller Ereignisse wie der Euro-Krise, aber besonders auch der Notwendigkeit einer Antwort auf die Umwälzungen in Nordafrika stellen sich Probleme und Herausforderungen, in denen die Europäische Union nicht immer gut aussieht.

v.l.n.r. Dr. Dieter Spöri, Moderator Thomas Heineke, Jörg Schönbohm

Dass sich die Europäische Union vor den genannten Hintergründen offenbar in einer ernsten Lage befindet zeigte sich auch darin, dass die beiden Podiumsreferenten zum Thema mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zeigten. Sowohl Herr Schönbohm als auch Herr Spöri, beide noch vor dem Ende des 2. Weltkriegs geboren, hoben einleitend anhand persönlicher Erfahrungen unter dem Motto "damals und heute" die Errungenschaften hervor, die die Europäische Union gebracht hat - vor allem das innereuropäische Zusammenwachsen im Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital, aber auch beim Aufbau demokratischer Gesellschaften. Beide ehemaligen Politiker hoben allerdings auch hervor, dass manche Entwicklungen problematisch angelegt waren und auch noch sind. Herr Spöri erinnerte daran, dass die Währungsunion leider nicht am Ende eines Prozesses sich angleichender Wirtschaftsräume gestanden habe, sondern an deren Anfang, und manche Wirtschafträume hätten sich noch heute nicht im erforderlichen Maße auf den Weg gemacht, was sich in den erfolgreichen Spekulationen gegen insb. südeuropäische Länder heute zeigen.

Beide Politiker mahnten die dringende Notwendigkeit an, für die weitere Entwicklung der Europäischen Union klare Kriterien zu formulieren, die dann auch umgesetzt werden müssten. Herr Schönbohm erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass auch Deutschland sich gegen die Anwendung der Sanktionen gemäß der Maastrichter Kriterien gewandt hatte, als es das eigene Land betraf. In diesem Zusammenhang plädierten beide auch für eine Diskussion ohne Tabus (Spöri: Möglichkeit volatiler Wechselkurse bei Ländern mit existenziellen Wirtschaftskrisen) und eine Überprüfung der Entwicklung bei EU-Beitritten. Hier sei nicht zusätzliche Erweiterung, sondern zunächst Konsolidierung das Gebot der Stunde.

In der Diskussion mit dem Plenum wurde dann insbesondere die Frage der Vermittlung Europäischer Politik besonders thematisiert. Herr Schönbohm hatte schon einleitend auf die schlechten Zustimmungs- Werte zur Europäischen Union, die sich auch in der schlechten Wahlbeteiligung ausdrückten, hingewiesen. Die Forderung sowohl vom Podium wie vom Plenum war, den Bürgerinnen und Bürgern Europa besser zu erklären und dabei keine politischen Fensterreden zu halten, sondern gegebenenfalls auch unbequeme Wahrheiten offen anzusprechen - ein Rat, dem sich die Europa Union in ihrer Arbeit verpflichtet fühlt.