Heinrich Kümmerle, Vorsitzender der Europa-Union Heilbronn, eröffnete den Abend und wies auf die Wichtigkeit hin, gemeinsam über Europa zu diskutieren. Dafür böten Formate wie die Bürgerdialoge oder die Hertensteiner Gespräche in Heilbronn eine wichtige Gelegenheit.
„Europa ist, was wir draus machen“, ermutigte Oberbürgermeister Harry Mergel die Menschen in seiner Stadt dazu, sich zu engagieren und bei der Europawahl ihre Stimme abzugeben. Die Europäische Union habe eine besondere Bedeutung als Friedenprojekt, gerade auch in Heilbronn. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die schweren Luftangriffe auf die Stadt im Zweiten Weltkrieg sowie die Angst vor der alleszerstörenden Kraft atomarer Waffen nach dem sogenannten „Pershing-Unfall“ in der Heilbronner Waldheide Mitte der 1980er Jahre. Doch auch die Gegenwart motiviere die Menschen in Heilbronn immer wieder, Europa zu bejahen. Herausforderungen wie der Klimaschutz, die Digitalisierung oder der Umgang mit Migration und Flucht seien nur europäisch lösbar, so Harry Mergel.
An 4 Thementischen hatten dann die Teilnehmenden das Wort:
Zusammen mit dem ehemaligen Leiter der Regionalvertretung der Europäischen Kommission in München, Paul Joachim Kubosch, diskutierte Rainer Wieland, Vizepräsident des Europaparlaments, mit den Bürgerinnen und Bürgern zur Frage „Gemeinsam einsam? Werte und Zusammenhalt in der EU“. Deutlich wurde dabei, dass die Identifikation der Menschen mit dem Europäischen Projekt eine Schlüsselfrage für die EU sei. Gerade die Zuspitzung vieler Medien in der Berichterstattung zu Europa, die zu Lasten der Sachorientiertheit ginge, sei kontraproduktiv für eine gemeinsame europäische Identität, so Wieland. Bloße Schuldzuweisungen und ungebetene Ratschläge verbesserten das Klima zwischen den Europäischen Partnern nicht. Kubosch stellte in diesem Zusammenhang auch den ständigen Balanceakt der Europäischen Kommission heraus, die zu behandelnden Themen immer so darstellen müsse, dass die „Mitgliedstaaten nicht aufeinander losgingen“, und stattdessen zusammen arbeiteten.
Die Frage „Geld regiert die Welt? Wirtschaft und Soziales in der EU“ beschäftigte die Teilnehmenden am Thementisch mit Dr. Florian Walch von der Europäischen Zentralbank und Kai Rosenberger vom BBW – Beamtenbund und Tarifunion. Walch hob die Wichtigkeit des Zusammenspiels von europäischer und nationaler Ebene bei der Lösung von Problemen in diesem Bereich hervor: So setzte die EZB, um die Folgen der Finanzkrise abzumildern, verschiedene Instrumente auf europäischer Ebene ein, die durch nationale Instrumente ergänzt wurden. Dieses Zusammenwirken verschiedener Ebenen sei ebenfalls bei der Sozialpolitik wichtig: Auch wenn diese eine gemischte Kompetenz sei, so gebe die EU zumindest schon Mindeststandards vor, um eine Angleichung des Lebensstandards in allen EU Staaten zu befördern. Um ihre soziale Absicherung werde die EU weltweit beneidet, so Rosenberger. Er sprach sich im Sinne einer höheren Qualitätssicherung auch dafür aus, die Daseinsvorsorge auf kommunaler Ebene zu schützen.
Am Thementisch „Riese oder Zwerg – Europas Rolle in der Welt“ betonte Florian H. Setzen, Direktor des Europa Zentrums Baden-Württemberg, dass angesichts der Vielschichtigkeit und Komplexität der Herausforderungen in den Bereichen Umweltschutz, Globalisierung, Außenpolitik und Verteidigung die Kraft einer Nation nicht ausreiche, um zu guten Lösungen zu gelangen. Hier müssten die Europäischen Partner mit einer Stimme sprechen. In diesem Zusammenhang forderte Michael Bloss, Kandidat für das Europaparlament: „Unsere gemeinsame europäische Außenpolitik muss eine sein, die auf die Menschenrechte schaut!“ Zugleich mahnte er an, Europa sei nur dann der Kontinent der Menschenrechte, wenn die EU diese selbst einhielte.
Dass die EU auch vor Ort präsent sei, darüber waren sich die Teilnehmenden am Thementisch „Was bringt`s uns? Europa vor Ort“ einig, bei der Kommunikation mit den Bürgern gebe es aber noch Verbesserungsbedarf. Hier setzten schon viele Projekte an, erläuterte die Europabeauftragte des Landkreises Heilbronn, Carmen Kieninger. So wird es bspw. im Rahmen der Bundesgartenschau, die in diesem Jahr in Heilbronn stattfindet, verschiedene Veranstaltungen und Aktivitäten geben, die den Menschen die EU näher bringen sollen. Auch Dr. Alexandra Zoller aus dem Baden-Württembergischen Ministerium der Justiz und für Europa war überzeugt, dass das Bundesland stark von der EU profitiere – nicht zuletzt durch EU-Fördermittel, den Binnenmarkt und grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Das vor kurzem in Zusammenarbeit mit Bürgern und Verbänden entwickelte Europa-Leitbild des Landes Baden-Württemberg betone diese Einschätzung ebenfalls.
Durch den Abend führte der Chefredakteur der Heilbronner Stimme, Uwe Ralf Heer, und moderierte zusammen mit Heinrich Kümmerle, Vorsitzender der Europa-Union Heilbronn, Bettina Kümmerle, Landesgeschäftsführerin der Europa-Union Baden-Württemberg und Leonhard Reinwald von den Jungen Europäischen Föderalisten die Thementische.
Der Heilbronner Bürgerdialog wird von der Europa-Union Deutschland in Zusammenarbeit mit der Stadt Heilbronn, der Europa-Union Baden-Württemberg, der Europa-Union Heilbronn und den Jungen Europäischen Föderalisten Heilbronn veranstaltet.