Last but not least! Gelungene Abschlussveranstaltung der TTIP-Bürgerdialoge in Saarbrücken

Am 21. Januar fand der letzte Bürgerdialog der bundesweiten Reihe „TTIP – wir müssen reden!“ in Saarbrücken statt. Konstruktive und engagierte Debatten zeichneten den Abend aus und bewiesen einmal mehr, welch großer Diskussionsbedarf zum transatlantischen Freihandelsabkommen nach wie vor besteht. Rund 100 Interessierte füllten den großen Saal der Handwerkskammer des Saarlandes und brachten viele Fragen und Argumente in die Debatte ein.

Einstiegsdiskussion mit Roland Theis MdL, Markus Tressel MdB, Oliver Hilt (Moderator), Ulrich Ackermann und Ernst-Christoph Stolper (v.l.n.r.)

Eröffnet wurde der Bürgerdialog von EUD-Präsidiumsmitglied Simone Thiel und dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Bernd Reis.

Hintergrundinformationen zum Freihandelsabkommen und zum Stand der Verhandlungen erhielt das Publikum von Anne Jakobs-Schleithoff vom Bundeswirtschafts- ministerium. Sie unterstrich die Bedeutung der Handelsbeziehungen mit den USA für die deutsche Exportwirtschaft. Nach einer einführenden Podiumsdiskussion kam in offenen Diskussionsrunden das Publikum zu Wort.

„Wir haben ein großes wirtschaftliches und politisches Interesse am Freihandel mit den Vereinigten Staaten“, sagte der Landtagsabgeordnete und Generalsekretär der CDU Saar Markus Theis in der einführenden Podiumsdiskussion. Gerade der Wegfall von nichttarifären Handelshemmnissen sei wünschenswert, da es besonders für kleine und mittelständige Unternehmen schwierig sei, mit kleineren Produktionsgrößen unterschiedliche Standards zu erfüllen. Die aktuelle Debatte über TTIP hält er dennoch für notwendig. „Kritik ist in einem demokratischen Verfahren nicht nur angebracht, sondern auch notwendig. Wir brauchen eine Diskussion über Freihandel, weil es uns alle betrifft.“

Auch Ulrich Ackermann vom Verband Deutscher Maschinen und Anlagenbau sieht für die Mitglieder seiner Organisation durch TTIP klare Vorteile, da sowohl Zölle als auch technische Handelshemmnisse wegfielen. Derzeit müsse man fünf bis 20 Prozent zusätzliche Kosten für die Anpassung an US-Standards einrechnen, wenn man Maschinen in die USA verkaufe. Die USA seien bereits ein bedeutender Markt, der durch TTIP noch wichtiger würde.

Die Kritiker des TTIP-Abkommens hätten kein Problem damit, dass technische Standards für Maschinen angepasst würden, stellte der grüne Bundestagsabgeordnete Markus Tressel klar. „Die Kritik entzündet sich daran, dass Teilbereiche des TTIP-Abkommens sehr große Auswirkungen auf Sozial- und Umweltstandards haben“, so Tressel. Diese Fragen beträfen viele Menschen. „Deshalb haben wir ein gutes Recht hier mitzudiskutieren“, sagte der Abgeordnete und erinnerte daran, dass er und seine Kollegen drei Jahre dafür kämpfen mussten, um die Verhandlungstexte einsehen zu dürfen. Ein Lesesaal für Abgeordnete habe mit Transparenz allerdings nicht viel zu tun, kritisierte er.

 „Es geht bei TTIP nicht mehr nur um Zölle, sondern konkret um nichttarifäre Handelshemmnisse – unsere Regeln und Standards, die wir uns durch Gesetze und Verordnungen auf nationaler und europäischer Ebene gegeben haben. Dafür gelten andere Transparaenzanforderungen“, sagte auch Ernst-Christoph Stolper vom BUND und dem Bündnis TTIP Unfairhandelbar. Aus diesem Grund sei TTIP nicht vergleichbar mit früheren Freihandelsabkommen. Auch Stolper ist nicht zufrieden mit der bisher erreichten Transparenz. Abgeordnete dürften die Verhandlungstexte nun zwar einsehen, jedoch nicht mit ihren Wählern darüber reden. „Das ist ein Ding der Unmöglichkeit“, so Stolper.

Die Themen der Podiumsdiskussion wurden vom Publikum in den anschließenden Diskussionsrunden weiter vertieft. Den Verhandlungsprozess und Fragen der Legitimität und Transparenz bei TTIP diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Anne Jacob-Schleithoff und Markus Tressel. Um Chancen und Risiken von TTIP in den Bereichen Handel, Investition und Wettbewerb ging es im zweiten Themenraum. Hier standen Ulrich Ackermann, Ernst-Christoph Stolper und Roland Theis Rede und Antwort.

Die dritte Diskussionsrunde widmete sich den möglichen Auswirkungen von TTIP auf Standards und Normen in den Bereichen Umwelt-, Arbeitnehmer und Verbraucherschutz. Diskussionspartner waren Jan von Herff von BASF, Daniel Mitrenga vom Verband „Die Familienunternehmer“, Thomas Schulz vom Deutscher Gewerkschaftsbund Saarland und Attac sowie Barbara Schröter von der Verbraucherzentrale Saarland. Themen waren unter anderem die Unterschiede im Umwelt- und Verbraucherschutz zwischen der EU und den USA (Vor- versus Nachsorgeprinzip), bei der Zulassung von Substanzen und den Prüfstandards. Heiß diskutiert wurde auch, wem das Abkommen am Ende vor allem nütze.

Der Abend zeigte, dass es nach wie vor großen Informations- und Diskussionsbedarf zu TTIP gibt. Der Vorsitzende der Europa-Union Saar Jörg Ukrow freute sich über die große Resonanz der Veranstaltung und danke allen Beteiligten für die lebhafte Diskussion. Die Europa-Union werde auch die kommenden Debatten mit klarem europäischem Kompass begleiten, so Ukrow.

Der Bürgerdialog in Saarbrücken war der zwölfte und letzte der bundesweiten Reihe und wurde in Kooperation mit der Europa-Union Saar und der VHS Völklingen veranstaltet. Das Programm des Saarbrücker Bürgerdialogs mit allen Akteuren können Sie <link fileadmin files_eud ttip_buergerdialoge programm_ttip_buergerdialog_saarbruecken_21.01.2016.pdf external-link-new-window external link in new>hier abrufen. Weitere Eindrücke finden Sie auf Facebook und Twitter. Die Europa-Union wird auch künftig Bürgerdialoge zu aktuellen europapolitischen Themen durchführen. Die neue Reihe wird sich 2016 mit dem Thema „Europas Grenzen“ beschäftigen.