Nach der Bundestagswahl - Gibt es eine neue deutsche Europapolitik?

Zentrales Europapolitisches Forum, 5.11.2005, Bielefeld

 

Elmar Brok MdEP, Präsident der überparteilichen Europa-Union Deutschland, erklärte heute anlässlich eines europapolitischen Forums in Bielefeld, er erwarte einen Stilwechsel in der deutschen Europapolitik nach der Regierungsbildung: "Deutschland wird sich wieder auf seine Rolle als Impulsgeber für die Integration der EU besinnen und mehr Sensibilität für die Interessen der kleinen Länder aufbringen müssen."

 

Dr. Gerhard Sabathil, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, beobachtet die Entwicklung mit "hoffnungsvoller Sorge": "Vor allem die wirtschaftlichen Probleme hemmen derzeit die Akzeptanz für das europäische Projekt." Die Kommission geht zur Zeit mit der Kommunikationskampagne Plan D stärker auf die Bürger zu, zum Beispiel durch Veranstaltungen in allen 12 Spielorten während der Fußball-Weltmeisterschaft  2006. "Ein gemeinsames Europa wird entweder ein Europa der Bürger sein - oder es wird nicht sein", so Sabathil.

 

Axel Schäfer MdB, berichtete aus den Koalitionsverhandlungen, dass in den wesentlichen Punkten der Europapolitik Einigkeit zwischen den zukünftigen Regierungsparteien bestehe: "Sowohl in der Frage der EU-Finanzen, als auch im Festhalten am Verfassungsentwurf konnte schnell Einigkeit erzielt werden." Dissens gebe es in der Frage des Türkei-Beitritts.

 

Zentrale Forderung der rund 80 Teilnehmer der Veranstaltung war eine bessere Kommunikation für Europa in Deutschland. Dazu Brok: "Die neue Bundesregierung muss eine klare Kosten-Nutzen-Analyse erstellen, die endlich deutlich macht, dass für Deutschland die Vorteile aus der EU absolut lebenswichtig sind." Es müsse endlich auch von 120 Milliarden Handelsbilanzüberschuss der deutschen Wirtschaft die Rede sein und nicht nur isoliert von 7,1 Milliarden EUR Nettozahlung für den EU-Haushalt.

 

Aus aktuellem Anlass fordert die Europa-Union die Bundesländer auf, den kürzlich angekündigten Rückzug aus der Finanzierung des traditionellen "Europäischen Wettbewerbes" an Schulen (Mal- und Aufsatzwettbewerb - 2005 mit über 200.000 Teilnehmern) dringend zu überdenken. Dies sei ein verheerendes Signal, ausgerechnet in der bis Juni 2006 von den Mitgliedsländern ausgerufenen  "Reflektionsphase" nach den gescheiterten Verfassungsabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden.