08.09.2007 Bad Neuenahr: Europa beginnt vor Ort – Kommunale Interessen in der Europäischen Union

Gleich zu Beginn des Seminars wies Heinz-Wilhelm Schaumann, Vizepräsident der UEF und Mitglied des Präsidiums der Europa-Union Deutschland, in seiner Begrüßung auf das besondere Verhältnis zwischen der kommunalen und europäischen Ebene hin. Daher sei es den Veranstaltern ein Anliegen, vor allem die existierenden Vorurteile gegenüber der EU abzubauen und Chancen aufzuzeigen, wie Kommunen, Regionen und die EU künftig verstärkt im Sinne der Bürgerinnen und Bürger besser zusammenarbeiten können.

 

 
In seinem <link fileadmin files_speakupeurope_de pdfs eud_pro_sue_europa_konkret_neuenahr_hoffschulte_vortrag.pdf download>Vortrag stellte Oberkreisdirektor a.D. Dr. Heinrich Hoffschulte, Vizepräsident des Rats der Gemeinden und Regionen in Europa und Landesvorsitzender der Europa-Union/Europäische Bewegung Nordrhein-Westfalen, zunächst noch einmal den Erfolg der kommunalen Interessenverbände im Rahmen des europäischen Konvents dar, der insbesondere durch die Verankerung des kommunalen und regionalen Selbstverwaltungsrechts im Entwurf für eine europäische Verfassung zum Ausdruck kam. Als besonders wichtig betonte Hoffschulte die Einflechtung des Subsidiaritätsprinzips. Allerdings gelte es jetzt nach dem Scheitern des Verfassungsentwurfs die erzielten Ergebnisse im Sinne der Kommunen und Regionen in den Reformvertrag hinüberzuretten. Was am Ende der Regierungskonferenz herauskommen werde, bleibe abzuwarten. Er zeigte sich allerdings zuversichtlich, da die von den Kommunen und Regionen gestellten Forderungen und Erwartungen bereits in den Verhandlungen zum Verfassungsentwurf wenig strittig waren. Auch sei im Mandat, das vom Europäischen Rat für die Regierungskonferenz formuliert wurde, nicht nur die Substanz des Verfassungsentwurfs erhalten geblieben ist, sondern in einigen wichtigen Punkten sogar eine Präzisierung und Verbesserung erreicht wurde.

 



Über die Auswirkungen von EU-Recht auf die Städte und Gemeinden am Beispiel öffentlicher Auftragsvergabe referierten aus unterschiedlichen Sichtweisen Uwe Zimmermann vom Deutschen Städte- und Gemeindebund und Dr. Matthias Krist vom Referentendienst des Europäischen Infocenter Trier aus unterschiedlichen Sichtweisen. Herr Zimmermann erörterte insbesondere die Sichtweise der kommunalen Politik und Verwaltung und wies auf eine Reihe von Problemen im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe hin. So würde die Verpflichtung zu europaweiten Ausschreibungsverfahren jenseits relativ niedriger Schwellenwerte die Kommunen vor große Herausforderungen stellen, da sie gezwungen seien, auch mit Firmen außerhalb ihres eigenen Wirkungskreises zu kooperieren. Nicht nur Fragen der Gewährleistungshaftung seien da problematisch. Am Beispiel der Eigenwirtschaftsbetriebe von Kommunen machte Zimmermann deutlich, wie schwierig es sei, EU-Recht auf unterster Ebene umzusetzen. Wenn es im Zuge von „Public-Private-Partnership (PPP)“ private Beteiligungen an Eigenwirtschaftsbetrieben von Kommunen gäbe, müsse beispielsweise der Auftrag für einen Abfallwirtschaftsbetrieb europaweit ausgeschrieben werden.
Aus der Sicht der Unternehmen und Mittelständler betonte Dr. Krist, dass der Binnenmarkt ja auch den freien grenzüberschreitenden Wettbewerb zum Ziel habe und es für Anbieter von Dienstleistungen wünschenswert sei, über Kreis-, Stadt-, und regionale Grenzen hinaus tätig sein zu können.

In den zahlreichen Fragen und Wortbeiträgen wurde die Perspektive der meisten Seminarteilnehmer deutlich: Die Interessen der Kommunen und Regionen in einem immer enger zusammenwachsenden Europa müssen weiterhin nachhaltig vertreten werden. Es dürfe nicht zu einer Regelungsdichte kommen, die den Kommunen und Regionen keine Handlungsspielräume mehr überlässt. Auch deshalb wurden abschließend folgende Forderungen formuliert:

1. Die Substanz des Verfassungsentwurfs muss in einem Reformvertrag erhalten bleiben und dieser muss realisiert werden!
2. Das kommunale und regionale Selbstverwaltungsrecht in Europa muss abgesichert werden!
3. Kommunale Spitzenverbände müssen in EU-Angelegenheiten stärker und wirksamer beteiligt werden!
4. Europäisches Recht muss besser gemacht werden, indem man Gesetzgebungsfolgen abschätzt und Kosten ausgleicht!
5. Vorschriften müssen abgebaut und vereinfacht werden! Das Subsidiaritätsprinzip muss stärker beachtet werden!

 


Den Nutzen Europas sahen die Teilnehmer nicht nur im historischen Verdienst der Friedenserhaltung sondern vor allem in der individuellen Chance der Horizonterweiterung. Die Möglichkeiten des Einzelnen sich frei zu entfalten haben sich durch die Europäische Integration stetig erweitert. Allerdings müsse die EU nachhaltig die Möglichkeiten aufzeigen, die Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Institutionen offenstehen.

 

 

Weiterführende Informationen:
<link fileadmin files_speakupeurope_de pdfs eud_pro_sue_europa_konkret_neuenahr_zimmermann_forderungen_dstgb.pdf download>Zehn zentrale Forderungen der Städte und Gemeinden an die EU (PDF-Format)