Ist der Euro alternativlos?
In einem Punkt haben die Euroskeptiker Recht: Der Euro ist nicht alternativlos. Eine Wiedereinführung der DM ist möglich. In der Politik gibt es immer Alternativen. Wenn die Politik von „alternativlos“ gesprochen hat, will sie damit sagen, dass die Alternative abwegig wäre, sie sich also aus gutem Grunde gegen eine solche Alternative entschieden hat. Abwegig ist etwas anderes als unmöglich. Es gilt aber die Konsequenzen einer solchen Alternative zu bedenken.
Die neue DM würde derart aufwerten, dass der deutsche Export weitgehend zusammenbräche. Die Wiedereinführung der DM würde millionenfach Arbeitsplätze in Deutschland vernichten. Deutschland, das es bis dato vermocht hat, weite Teile seiner industriellen Basis zu halten und in vielen Bereichen sogar eine führende Stellung auf dem Weltmarkt zu entwickeln und zu behaupten, stünde in der großen Gefahr, in eine anhaltende Phase der Deindustrialisierung einzutreten. Die Bundesbank würde gegenzusteuern versuchen, indem sie für viele Milliarden DM Devisen kauft. Es ist am Beispiel der Schweiz zu besichtigen, wie schwierig, gefährlich und teuer das ist. Denn die Schweizer Nationalbank versucht verzweifelt, die exportierende Industrie der Schweiz zu schützen, indem sie den Franken künstlich auf einem erträglichen Wechselkurs gegenüber dem Euro und anderen Währungen hält.
Hat der Euro Ländern wie Griechenland geschadet?
Ländern wie Griechenland hat eine zu hohe Staatsverschuldung geschadet, nicht der Euro. Für die Staatsverschuldung gibt es viele und von Land zu Land unterschiedliche Ursachen, die aber keineswegs in der gemeinsamen Währung liegen. Im irischen und spanischen Fall war der öffentliche Schuldenstand vor der Bankenkrise und der darauf folgenden Rezession deutlich niedriger als in Deutschland. Andere Länder kranken an einer einseitigen Wirtschaftspolitik, die im spanischen Fall zu einer Blasenbildung im Immobiliensektor geführt hat. Das liegt aber nicht am Euro. Großbritannien hat genau diese Probleme auch und ist bekanntlich nicht Mitglied der Wirtschafts- und Währungsunion.
Der Euro hat weder Griechenland, noch Irland oder Portugal und Spanien geschadet. Diese Länder haben ganz im Gegenteil von den niedrigeren Zinsen profitiert, die sie der gemeinsamen Währung verdankten. Jedoch sind damit nicht alle verantwortungsvoll umgegangen. Die günstigen Konditionen für die Konsolidierung der Staatsfinanzen und eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit fördernde Investitionen wurden nicht genutzt.
Ein erschreckendes Politikversagen in Griechenland und das Unterlassen eines Gegensteuerns gegen den spekulativen Bauboom in Spanien haben diese Länder an den Rand des Abgrunds gebracht, nicht der Euro. Spekulative Blasenbildung im Immobiliensektor, vor allem aber das hochriskante Anlageverhalten der irischen Banken haben zu der massiven Verschuldung Irlands geführt, nicht die Gemeinschaftswährung. Die Währungsunion wird aufgrund dieser Erfahrungen nun so ausgebaut, dass unverantwortliches Finanzgebaren effektiv sanktioniert wird.
Euro-Austritt einzelner Staaten
Es ist immer wieder das Argument zu hören, einzelne EU-Staaten könnten den Euro aufgeben, zu ihren nationalen Währungen zurückkehren. Das ist aber eine höchst gewagte These. Treten nämlich einzelne Euro-Mitglieder aus der Wirtschafts- und Währungsunion aus, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Euro unter so massiven spekulativen Druck gerät, dass dies die gesamte Eurozone zur Implosion bringt. Die ökonomischen Folgen wären erheblich, die sozialen katastrophal, auch für Deutschland.
Der Euro-Austritt beispielsweise eines der Programmstaaten, der Staaten, die Hilfen aus dem Rettungsschirm in Anspruch nehmen, würde die Probleme des Landes nicht lösen sondern verschärfen. Die nationale Währung würde stark abwerten, die Staatsverschuldung aber in Euro und damit in gleicher Höhe bestehen bleiben. Der Schuldendienst würde damit angesichts der wiedereingeführten und gegenüber dem Euro stark abwertenden nationalen Währung für den Schuldner noch teurer, es sei denn es erfolgten massive Schuldenschnitte oder -erlasse.
Schuldenschnitte und Gläubigerhaftung
Nun gibt es auch Stimmen, die eben solche Schuldenschnitte fordern. Diese können aber, wenn sie weit über das Maß des bereits erfolgten griechischen Schuldenschnitts hinausgehen, zu einer schweren Belastung der Steuerzahler in Deutschland und anderen Euroländern sowie zu einer Gefährdung der Banken und damit des gesamten Finanzsystems führen. Das kann bis zum Zusammenbruch von Kreditinstituten gehen, die dann wiederum mit viel Steuergeld gerettet werden müssten.
Der Schuldenschnitt in Griechenland war unvermeidlich, jedoch in seinen Auswirkungen noch beherrschbar. Grundsätzlich sind Schuldenschnitte aber problematisch. Solange es die Bankenunion nicht mit hinlänglich wirksamen Mechanismen gibt, kann eine Gläubigerhaftung nicht funktionieren. Im Übrigen muss auch bedacht werden, welche Folgen Schuldenschnitte für andere institutionelle Anleger haben, etwa für Versicherer. Zudem wäre ein bloßer Schuldenschnitt ohne politische Reformen für eine bessere Wirtschaftspolitik in den betroffenen Staaten verfehlt, weil er einen gravierenden Fehlanreiz setzen würde.
So richtig die Forderung nach Gläubigerhaftung prinzipiell ist, so gefährlich wäre diese, käme sie verfrüht. Tatsächlich griff die Gläubigerhaftung bei Lehman Brothers in vollem Umfang. Die Bank wurde nicht vom amerikanischen Staat gerettet. Die Folge war bekanntlich die Weltfinanzkrise, das Übergreifen der amerikanischen Krise auf Europa. Bevor die Gläubigerhaftung greift, muss die Abhängigkeit von den „systemrelevanten“ Banken durch die im Entstehen begriffene europäische Bankenunion verringert worden sein. Dazu bedarf es mehr europäischer Zusammenarbeit und nicht weniger. Gläubigerhaftung kann erst dann funktionieren, wenn die europäische Bankenunion und hier vor allem auch der europäische Bankenabwicklungsmechanismus verwirklicht sind. Genau daran arbeiten die Europäer aktuell mit Hochdruck.
Handelt die EZB vernünftig?
Die Europäische Zentralbank (EZB) kauft, erforderlichenfalls in unbegrenztem Umfang, Staatsanleihen von Euro-Mitgliedern, die akute Refinanzierungsprobleme haben. Die EZB wird für dieses OMT-Programm (Outright Monetary Transactions) heftig angegriffen. Sogar die Bundesbank sieht dieses Programm kritisch. Was wäre aber die Alternative gewesen angesichts des massiven Spekulationsdrucks gegen die betroffenen Staaten? Die Anleihekäufe haben Staatsbankrotte in der Eurozone verhindert und damit die geldpolitische Kernschmelze in der Wirtschafts- und Währungsunion.
Die EZB hat mit ihrer Politik, die in der gegebenen Lage ein verantwortbares Risiko darstellt, zwar nicht verhindern können, dass die Programmstaaten eine schwere Wirtschafts- und Sozialkrise durchleiden. Das erfolgreiche und äußerst verantwortungsbewusste Krisenmanagement der EZB hat aber Europa insgesamt vor einer scharfen und langjährigen Wirtschafts- und Sozialkrise in allen Euro-Ländern bewahrt. Bei den Anleihekäufen der EZB handelt es sich auch nicht um eine verdeckte Staatsfinanzierung, die zu Recht verboten wäre. Die Anleihekäufe sind nämlich mit strengen Auflagen für Strukturreformen in den Wirtschaftsordnungen und Sozialsystemen der betroffenen Staaten verbunden.
Besonders den Deutschen wird Angst vor der Preisteuerung nachgesagt. Diese Angst geht weniger auf die Folgen der Weltwirtschaftskrise von 1929 als auf die der Hyperinflation von 1923 zurück. Es gibt aber aktuell und auch auf absehbare Zeit keine nennenswerte Inflation in Europa. Der Euro zeichnet sich bis dato durch niedrigere Inflationsraten aus als die DM. Es droht keine Inflation in Europa, weil die EZB mittelfristig, wenn die Eurozone hinreichend stabilisiert ist, zu einer weniger expansiven Geldpolitik zurückkehren, die Leitzinsen also anheben wird. Die EZB überwacht die Entwicklung der Preisteuerung aufmerksam und gewissenhaft.
Wird Europa zu einer Transferunion?
Das Schlagwort einer „Transferunion“ wird gerne von Euroskeptikern gebraucht, um Ängste zu schüren. Die Wirklichkeit ist aber zu komplex, um durch solch ein Wort angemessen erfasst zu werden. Transfers hat es nämlich auch zu Zeiten der DM und der uneingeschränkten geldpolitischen Hoheit der Deutschen Bundesbank gegeben. Drohten Verwerfungen in den europäischen Wechselkursen, intervenierte die „Buba“ milliardenschwer, so etwa Anfang der 1980er Jahre, um den französischen Franc gegenüber der DM zu stabilisieren, so auch zu Beginn der 1990er Jahre, als die italienische Lira und das britische Pfund stark abwerteten. Letztlich geschehen solche geldpolitischen Maßnahmen immer in der Verantwortung vor dem Gesamtsystem. Sie dienen immer auch der legitimen Sicherung von eigenen Wirtschaftsinteressen, womit wieder untrennbar Arbeitsplätze und selbstverständlich auch deutsche Interessen verknüpft sind.
Tatsächlich gibt es bereits eine Reihe europäischer Transferinstrumente. Die Strukturfonds sind Transferinstrumente, ebenso der Globalisierungsfonds. Die EU-Beiträge der Mitgliedstaaten stellen auch ein Transferinstrument dar. Der Beispiele wären mehr. All dies liegt aber im wohlverstandenen deutschen Interesse, denn Wirtschafts- und Sozialkrisen in Nachbarländern schaden nicht zuletzt der deutschen Wirtschaft, während wirtschaftliche Stabilität in Europa immer auch Deutschlands Wohlfahrtsentwicklung dient.
Sollten Kompetenzen auf den Nationalstaat rückverlagert werden?
Die Rückverlagerung von Kompetenzen kann kein Ziel an sich sein. Die Diskussion darum ist nicht ungefährlich. Denn wie soll eine Rücknahme von Einzelermächtigungen aussehen? Wie soll verhindert werden, dass nicht jedes der 28 EU-Mitglieder versucht, jeweils im vermeintlichen Eigeninteresse liegende Kompetenzen zurückzuholen? Das wäre das Ende der Europäischen Union. Richtig ist, dass die EU-Kommission ihre Initiativen politisch zuweilen sorgsamer handhaben sollte. Richtig ist auch, dass eine stärker als bisher vom Europäischen Parlament abhängige Kommission als europäische Regierung weniger regulieren und dafür gezielter europäische Politik, wo sie dringend gebraucht wird, betreiben würde.
Aufgaben, die die Europäer am besten gemeinsam wahrnehmen können, rückverlagern zu wollen, wäre ausgesprochen töricht, es sei denn Europa wollte, dass das 21. Jahrhundert seinen Abstieg erlebt. In der Globalisierung kann Europa nur seine Freiheit und seinen Wohlstand sichern, wenn es gemeinsam handelt und sich geeint und vereint den Herausforderungen stellt.
In vielen Fragen reichen die Kompetenzen der Europäischen Union noch nicht aus. So ist Europa in der Außen- und Sicherheitspolitik noch weit davon entfernt, mit einer Stimme zu sprechen. Das wird aber erforderlich sein. Ein Flickenteppich europäischer Interessenlagen wird in der Auseinandersetzung mit den aufstrebenden neuen Mächten in einer multipolaren Welt nicht bestehen können.
Vor allem gegenüber dem nahöstlichen Krisenbogen, der unmittelbaren Nachbarschaft Europas, braucht es eine gestärkte europäische Politik. Auch die Flüchtlingstragödie, die sich im Mittelmeer abspielt, ist unter anderem auf eine noch unterentwickelte europäische Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik und eine nicht konsistente Politik gegenüber dem Nahen und Mittleren Osten, Nord- und Zentralafrika zurückzuführen.
Die europäische Kompetenzordnung, für die die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit wesentlich sind und bleiben, ist kein Nullsummenspiel. Vielmehr müssen die Parlamente der Mitgliedstaaten im europäischen Parlamentsverbund verstärkt an der demokratischen Willensbildung mitwirken und so positiv gestaltend Einfluss auf die gemeinsame Europapolitik nehmen. Die Beteiligungsrechte des Bundestages und des Bundesrates, wie sie in Folge des einschlägigen Bundesverfassungsgerichtsurteils festgelegt wurden, zeigen, dass die gemeinsame Verantwortung für Europa möglich ist.
Ist die EU zu bürokratisch?
Natürlich findet die Forderung nach Bürokratieabbau immer viel Beifall. Wenn aber konkrete Leistungen nicht mehr gut funktionieren, weil zu viel „Bürokratie“ abgebaut worden ist, ist der Aufschrei regelmäßig groß. Die EU hat nicht mehr Bedienstete als eine deutsche Großstadt mit einer Million Einwohnern Mitarbeiter.
Arbeiten die EU-Institutionen normal nach der Gemeinschaftsmethode, sind sie, vor allem Parlament und Kommission, transparent. Die Kommission arbeitet in größter Offenheit, führt laufend öffentliche Konsultationen durch und stellt alle interessierenden Dokumente zur Verfügung. Die Schritte der europäischen Gesetzgebung sind in vorbildlicher Weise nachvollziehbar, alle Beratungsunterlagen sind öffentlich zugänglich, in der Regel auch in deutscher Sprache.
Weniger Bürokratie kann durch eine Stärkung des Europäischen Parlaments und die volle Parlamentarisierung der Europäischen Union erreicht werden. Die Kommission sollte sich als europäische Regierung auf eine Parlamentsmehrheit stützen müssen. Dies entzieht den nationalen Parlamenten und Regierungen keine Kompetenzen, sondern stärkt Demokratie, Transparenz und Bürgernähe auf allen europäischen Ebenen und sorgt aufgrund der Abhängigkeit der europäischen Regierung vom Mehrheitswillen des Parlaments automatisch auch für eine zielgerichtete, weniger auf Detailregelungen orientierte Rechtssetzung, im Kern also für weniger Bürokratie.
Für mehr Bürgernähe sorgen auch die Neuerungen des Vertrags von Lissabon, der in Artikel 11 EUV Regeln für partizipatorische Demokratie festschreibt und erstmals Bürgerinitiativen auf EU-Ebene ermöglicht. Seit April 2012 sind Europäische Bürgerinitiativen möglich. Mehrere laufen bereits und eine war schon so erfolgreich, dass die EU-Kommission ein Rechtsetzungsvorhaben revidiert hat. Artikel 11 EUV führt also Elemente der direkten Demokratie auf europäischer Ebene ein, die ergänzend an die Seite der repräsentativen Demokratie treten, die in Artikel 12 nicht allein für das Europäische Parlament sondern für die gesamte Union als Parlamentsverbund nachhaltig gestärkt wird. Die Voraussetzungen für die weitere Stärkung der Demokratie auf europäischer Ebene sind also längst vorhanden. Es gilt sie sobald als möglich zu nutzen.
Gefährdet die Eurokrise die Alterssicherung?
Richtig ist, dass die historisch niedrigen Zinsen zwar gut für Darlehensnehmer sind, vor allem für den Immobilienerwerb, jedoch schlecht für Sparer und institutionelle Anleger wie zum Beispiel Lebensversicherer, die aus gutem Grunde nur begrenzt Anlagerisiken eingehen dürfen, mit ihren sicheren Anlagen aber zurzeit keine ausreichende Rendite erzielen.
Dieses reale Problem ist aber nicht auf den Euro zurückzuführen sondern im globalen Rahmen der Weltfinanzkrise zu sehen. Auch die Federal Reserve, die US-amerikanische Notenbank, deren Politik für die ganze Welt maßgeblich ist, fährt eine enorm lockere Geldpolitik, hält damit die Zinsen auf historisch niedrigem Stand. Ihre Geldpolitik ist sogar noch deutlich expansiver als die der EZB. Auch die Bank of England und die japanische Zentralbank haben die Geldschleusen weit geöffnet. Dass das langfristig ein Problem ist, ist richtig. Das hat aber nichts mit dem Euro zu tun, der sich durch einen stabilen Außenwert und geringe Inflationsraten auszeichnet. Die niedrigen Zinsen sind also nicht die Folge einer angeblichen Eurokrise sondern vielmehr der globalen Finanzmarktkrise, und für die war der Euro nicht ursächlich. Die Entwicklung der Renten wird wesentlich bedingt durch die demografische Alterung und die künftige Produktivität der Wirtschaft, nicht durch europäische Politik oder die Währungsunion.
Reichte Europa nicht als Freihandelszone aus?
Die europäische Integration auf das Niveau einer Freihandelszone zurückzudrehen, wäre vor allem für Deutschland eindeutig zu wenig und hätte gravierende Folgen für die Stellung Europas in der Welt. Dass Europa Deutschlands Staatsräson ist, hat nicht nur mit dem Abgrund des Dritten Reichs zu tun. Vielmehr hat die europäische Einigung die deutsche Frage beantwortet, die sich international spätestens seit den Einigungskriegen des 19. Jahrhunderts stellte und die europäische Ordnung nachhaltig destabilisierte.
Eine Rückabwicklung der Währungsunion, die integraler Bestandteil der einzigartigen Integrationsdynamik der Europäischen Union ist, würde zwangsläufig auch die Europäische Union zerstören. Die Europäer würden bestenfalls zu einer Ordnung zurückkehren, wie sie vor der Einheitlichen Europäischen Akte und dem Binnenmarktprojekt bestand. Wahrscheinlich würden die Erschütterungen, die ein Ende des Euro auslösen würde, aber so groß sein, dass selbst dies fraglich wäre. Eine Rückkehr zu einem Status quo ante hat es noch niemals in der Geschichte gegeben, allenfalls die Illusion davon. Es ist mehr als fraglich, ob die Europäer, deren Anteil an der Weltbevölkerung dramatisch zurückgeht, in der neuen multipolaren Welt des 21. Jahrhunderts bestehen können, wenn sie sich eine failing union leisten.
Die Bundesrepublik war immer europäisch
Weiterhin abwegig wäre eine Rückkehr zur DM also auch, weil eine Rückabwicklung des Euro auch andere erreichte europäische Integrationsstände in Frage stellte. Die Bundesrepublik Deutschland hat ihren Wohlstand zu keinem Zeitpunkt ihrer Geschichte ohne europäische Integration entwickelt und gesichert. Und die Entwicklung wies immer vorwärts, niemals rückwärts. Die europäische Integration setzte mit der Schuman-Erklärung bereits ein knappes Jahr nach Gründung der Bundesrepublik ein. Das deutsche Wirtschaftswunder ist nicht ohne die europäische Integration zu denken. Die Wiedervereinigung wäre ohne die klare Westbindung der Bundesrepublik und ihre Integration in die Europäische Gemeinschaft kaum möglich gewesen. Auch die mit Ausnahme des Westbalkans bis dato friedliche Wiedervereinigung Europas, die Bewältigung der Folgen des Zweiten Weltkriegs und der Teilung Europas, all das wäre ohne diese stets im Werden begriffene, sich also weiterentwickelnde Europäische Union nicht möglich gewesen.
Die deutsche Wirtschaft, die global aufgestellt ist und für die Europa und besonders die Eurozone der „Heimatmarkt“ sind, warnt zu Recht davor, Europa den Rücken zu kehren. Zwar gibt es nostalgische Wirtschaftsprofessoren, die positive Erwartungen mit einer Wiedereinführung nationaler Währungen verknüpfen. Ihre rückwärtsgewandte, an einer Zeit vor der Globalisierung und dem Ende der bipolaren Weltordnung orientierte Romantik würde jedoch nichts anderes zum Ergebnis haben als Deutschlands und Europas Abstieg in der multipolaren Welt des 21. Jahrhunderts.
Alles in allem: Die Situation ist nicht zu beschönigen. Es hat seit dem Zweiten Weltkrieg und der ihm vorangehenden Weltwirtschaftskrise keine größere wirtschaftliche Erschütterung in Europa gegeben. Ursache ist aber eben nicht die Gemeinschaftswährung. Etwas anderes ist, dass die Währungsunion institutionelle Schwachstellen hatte, die sie für die aus den USA kommenden Schockwellen der Finanzkrise und die anschließende Spekulation der Finanzmärkte anfällig gemacht hat. Diese Schwachstellen werden jetzt sukzessive durch die Schaffung einer Fiskalunion und eine engere wirtschaftliche Koordinierung behoben. Das ist der richtige Weg.