Eine funktionierende Union habe einen einheitlichen Rechtsraum zur Voraussetzung. „Wir dürfen weder in der Umsetzung noch in der Anwendung von europäischem Recht nachlässig werden“, mahnt Wieland, der ordentliches Mitglied im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments ist. Aus Sicht der Europa-Union sei es sehr wichtig, dass das Europarecht Vorrang vor nationalem Recht habe. „Ein Rechtsraum kann nur funktionieren, wenn er nach einheitlichen Spielregeln gestaltet ist. Da ist kein Platz für unterschiedliche Deutungsmuster“, sagt Wieland. „Der europäische Rechtsraum ist ein hohes Gut, das den EU-Bürgern Freiheiten schenkt, die der Nationalstaat allein gar nicht gewährleisten kann. Darauf wollen wir als Europa-Union verstärkt aufmerksam machen.“
Innerhalb der EU müsse stärker auf eine gleichzügige Umsetzung und einheitliche Anwendung europäischen Rechts geachtet werden. „Da müssen alle ihre Hausaufgaben machen. Da sind auch die Verfassungsgerichte in der Verantwortung.“ Sonst würde die Legitimität des europäischen Rechtsraums ausgehöhlt und die Grundlage der europäischen Einigung in Frage gestellt. „Wir müssen den Binnenmarkt und den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts so ausbauen, dass nicht nur Experten und Europarechtler, sondern auch die ganz normalen Menschen dies alles als ihren Besitzstand begreifen.“ Der EUD-Präsident ärgert sich über eine aus seiner Sicht vermehrt feststellbare Abwehrhaltung nationaler Stellen. „Wenn jeder versucht, bei der Umsetzung einer Richtlinie kleine Geländegewinne zu machen, dann geht das zu Lasten des gemeinsamen Rechtsraums, dann schadet das Europa“, so Wieland.
„Wir in Deutschland haben allerdings auch die Neigung, manchen europäischen Regulierungsrahmen mit weiteren nationalen Versatzstücken zu überladen.“ Das gehe regelmäßig schief und werde dann völlig zu Unrecht Europa angelastet, sagt Wieland. „Diese Übererfüllung ist keine gute Europapolitik.“