Europa mitbeSTIMMEN - Auf dem Weg zu den Europawahlen

Die aktuelle Bedeutung der Europawahlen 2014 liege derzeit bei null. Alle Aufmerksamkeit richte sich auf die Bundestagswahlen im Herbst. Darüber waren sich die Experten einig, die die Europa-Union anlässlich ihrer Zwischenbilanz zur Kampagne „Europa mitbeSTIMMEN“ ins Europäische Haus Berlin eingeladen hatte. Doch ein Jahr vor den Wahlen zum Europäischen Parlament sei es keineswegs zu früh, darüber nachzudenken, wie Europa den Bürgern näher gebracht und die Wahlbeteiligung erhöht werden kann. Hierzu diskutierte die Europa-Union mit Vertretern aus Medien, Wissenschaft und Politik.

Europa mitbestimmen! Bloß wie? Die Experten aus Medien, Politik und Wissenschaft forderten einen ehrlichen Diaolog mit den Bürgern

In seinem Grußwort bedankte sich der Leiter des Informationsbüros des Europäischen Parlaments, Frank Piplat, bei Europa-Union und Jungen Europäischen Föderlisten (JEF) für die gelungene Umsetzung ihrer Kampagne Europa mitbeSTIMMEN. Die Aktion sei ein gutes Beispiel dafür, wie man mit relativ einfachen Mitteln die Bürger bundesweit erreichen könne.

„Die interaktiven Straßenforen sind ein effektives und innovatives Format zum Bürgerdialog“ pflichtete EUD-Bundesgeschäftsführerin Birgit Kößling bei, die die Zwischenbilanz der Kampagne den rund 50 Gästen vorstellte. Als Blickfang in Fußgängerzonen und auf öffentlichen Plätzen seien die begehbaren „Bodenplanen“, auf denen Fragen und Thesen zur EU stehen, ein geeignetes Mittel, um mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen.

Von März bis Juni diskutierten und informierten über 100 ehrenamtliche EUD- und JEF-Mitglieder bei bundesweit 63 Straßenforen über die EU und Europapolitik. Die Reaktionen der Passanten reichten dabei von großer Europabegeisterung bis hin zur kompletten Ablehnung der EU. In den Gesprächen mit tausenden Bürgern in ganz Deutschland offenbarte sich ein schlechter Kenntnisstand über europapolitische Entscheidungsprozesse. Viele Menschen hätten nur ein diffuses Bild über die Rolle und Verantwortlichkeiten von nationaler und europäischer Politik, so Kößling. Daraus resultierten unzutreffende Schuldzuweisungen und überzogene Erwartungshaltungen an die EU. Erkennbar sei ein großes Bedürfnis, stärker über Europa zu diskutieren und mehr über Europapolitik zu erfahren. Grundsätzlich müssten die Informationsangebote attraktiver gestaltet und der Zugang zu ihnen erleichtert werden. „Notwendig seien bürgernahe Aktionen und der direkte Dialog mit den Menschen“, zog die Bundesgeschäftsführerin ein Fazit. Die Europa-Union leiste hierzu einen wichtigen Beitrag.

In der anschließenden von EUD-Generalsekretär Christian Moos moderierten Podiumsdiskussion forderten die Experten dazu auf, die Bürger ernst zu nehmen und direkter anzusprechen. Informationsangebote gebe es zuhauf. Um Europakompetenz effektiv zu vermitteln, müsse aber zunächst Nähe zu den Bürgern hergestellt werden, so Dr. Ute Hartenberger, Politikwissenschaftlerin und Organisatorin mehrerer Straßenforen in Bayern. Europapolitik müsse deutlicher und präziser erklärt werden, erklärte Julian Plottka vom Institut für Europäische Politik. Es gehe nicht darum, Europa zu „verkaufen“, sondern darum, eine ehrliche Bilanz zu ziehen, was die EU kostet und was sie den Menschen bringt.

Aufgrund der großen Komplexität der EU seien viele Bürger verunsichert, wie sie sich selbst einbringen und mitbestimmen können, sagte Thomas Franke, Geschäftsführer von Euractiv.de. Eine wichtige Entwicklung sehe er in der zunehmenden Verlagerung von Partizipations- und Entscheidungsmöglichkeiten ins Internet. Auch die Europäische Bürgerinitiative sei ein geeignetes und bürgerfreundliches Mittel, viele Menschen einzubinden, um politischen Druck auf EU-Entscheidungsträger auszuüben, so Plottka.

Um mehr Öffentlichkeit und Interesse für Europapolitik zu schaffen, sprach sich die Bundestagsabgeordnete Lisa Paus für eine grundlegende Reform der EU aus. Wenn die EU beispielsweise über ein höheres Budget verfügen würde, das vom Europäischen Parlament mitbestimmt wird, wäre auch ein größeres Interesse der Medien vorhanden. Für die kommenden Europawahlen plädierte sie dafür aus, dass die europäischen Parteienfamilien Spitzenkandidaten für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten aufstellen sollten.

Einig waren sich die Experten darüber, dass kurzfristige PR-Kampagnen im Vorfeld der Wahlen wenig sinnvoll und nachhaltig seien. Um über das europäische Integrationsprojekt aufzuklären, benötige man Zeit und Geduld.

Europa-Union und JEF werden von Herbst dieses Jahres bis zu den Europawahlen im Mai 2014 weitere 75 Straßenforen in ganz Deutschland veranstalten.

Zwischenbilanz der Kampagne Europa mitbeSTIMMEN