Wichtige und informative Impulse für die Debatte lieferten der CDU-Außenexperte und Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter sowie Arne Lietz (SPD), Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und im Entwicklungsausschuss des Europäischen Parlaments. Lietz berichtete von seinen Besuchen in Flüchtlingslagern im Libanon und in der Türkei. Die Fonds des UNHCRs und des Welternährungsprogramms müssten dringend mit ausreichenden Mitteln ausgestattet werden, unterstrich der Europaabgeordnete. Außerdem hob Lietz die Bedeutung der Entwicklungspolitik in der Bekämpfung der Fluchtursachen hervor und forderte, faire Handelsbedingungen für die „Entwicklungsländer“ zu schaffen.
Laut Roderich Kiesewetter zeichnen sich derzeit drei generelle Trends ab: zum einen der demographischen Wandel in der EU, für den bislang keine Lösungsansätze gefunden seien, dann der Staatszerfall in zahlreichen Ländern und zum dritten die hybride Kriegsführung. Vor diesem Hintergrund sei die EU mit den praktischen Herausforderungen konfrontiert, die Flüchtlingskrise zu bewältigen und einen modus vivendi mit Russland zu finden. Bei den Anstrengungen für eine Verbesserung der politischen und rechtlichen Situation in den Herkunftsländern der Flüchtlinge wies Kiesewetter auf die Problematik der Konkurrenz in der Entwicklungszusammenarbeit hin. Während europäische Staaten ihre Zahlungen von Verbesserungen im Bereich Menschenrechte, Korruptionsbekämpfung und good governance abhängig machten, würden andere Akteure, wie beispielsweise China, keinerlei Reformbemühungen verlangen.
Im Ergebnis der lebhaften Debatte verabschiedete der Bundesausschuss seinen Beschluss „Flüchtlingskrise: Zeit für eine Europainitiative“. Diskutiert wurden auch eine Beschlussvorlage zur Europäischen Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Ohne, dass sich der Bundesausschuss dazu abschließend positioniert hat, bleibt das Thema weiter auf der Agenda von EUD und JEF. Dazu wird eine gemeinsame Arbeitsgruppe beider Verbände eingerichtet. Verzichtet wurde nach dem mehrheitlichen Willen der Delegierten zunächst auch auf eine Stellungnahme zu den Forderungen der britischen Regierung. Dies soll erst geschehen, sobald eine dezidierte Erklärung von britischer Seite vorliegt. Die Verbandsgremien werden sich dann erneut mit dem Thema befassen.
Die Reform des Europawahlrechts war ebenfalls Gegenstand der Beratungen. Über den Stand der Debatte im Europäischen Parlament informierte EUD-Präsidiumsmitglied Sylvia-Yvonne Kaufmann. Die Europaparlamentarierin stellte Hintergründe und wesentliche Inhalte des Vorschlags der beiden zuständigen EP-Berichterstatter Jo Leinen und Danuta Hübner vor. Das europäische Wahlrecht ist der einzige Bereich, in dem das EU-Parlament ein Initiativrecht besitzt. Der Entwurf der beiden Berichterstatter wurde vom Verfassungsausschuss angenommen. Die Abstimmung im Plenum ist für November angesetzt. Kaufmann erläuterte die Konfliktpunkte, die einer Einigung im Plenum noch im Wege stehen. Der Bundesausschuss begrüßte den Vorstoß des Europäischen Parlaments und kündigte an, den Prozess der Novellierung des Europawahlrechts weiter zu begleiten.
Auch mit der Lage von EUD und JEF haben sich die Tagungsteilnehmer auseinandergesetzt. Sehr großen Zuspruchs erfreute sich das Treffen der AG „Verbandsentwicklung“, die neue Konzepte zur Mitgliederentwicklung und -bindung erarbeiten will, und durch EUD-Vizepräsident Thomas Mann MdEP erste Impulse für die Diskussion im Plenum setzte. EUD-Präsident Rainer Wieland MdEP, EUD-Generalsekretär Christian Moos wie auch der JEF-Bundesvorsitzende David Schrock unterstrichen in ihren Berichten das große Potential, das im Bereich der Verbands- und Mitgliederentwicklung sowie der Zusammenarbeit von Europa-Union und JEF liege.
Auch die AG Europäische Wirtschaftspolitik nutze den Bundesausschuss für ein Arbeitsgruppentreffen. Sie trat im Anschluss an die Gremientagung zusammen, um die künftige inhaltliche Ausrichtung zu besprechen.