Mafiaankläger zu Gast bei der Europa-Union Deutschland

Die kalabresische Mafia profitiert von Rückzugsgebieten in Deutschland und vom Binnenmarkt. Zu dieser nüchternen wie erschreckenden Erkenntnis kam der Staatsanwalt und Chefermittler der kalabresischen Antimafiabehörden Nicola Gratteri. Gemeinsam mit Antonio Nicaso, Publizist und Historiker, Fulvio Librandi, Ethnologe an der Universität Kalabrien, Attilio Tucci, Jugenddezernet der Provinz Reggio Calabria und Laura Garavini, italienische Parlamentsabgeordnete, war der Staatsanwalt zu Gast bei der Europa-Union Deutschland in Berlin.

(v.l.) Nicola Gratteri, Attilio Tucci, Nicola Nicaso, Fulvio Librandi

Unter starken Sicherheitsvorkehrungen des Landeskriminalamtes berichtete Gratteri vor einem ausgewählten Publikum von seiner Arbeit gegen die Mafia 'Ndrangheta und stellte das gemeinsam mit Nicola Nicaso verfasste Buch über die kalabresische Mafia "Fratelli di sangue" (Blutsbrüder) vor. Nach Vorbild von Gedenkstätten in Berlin soll eine Gedenkstätte in Reggio Calabria an die Opfer der derzeit stärksten Mafiaorganisation erinnern und helfen, gesellschaftliche Rückzugsgebiete auszutrocknen.

In Deutschland wurde die 'Ndrangheta durch die Attentate in einer Pizzeria in Duisburg bekannt. "Dies ist allerdings ein Fehler der 'Ndrangheta gewesen", so Gratteri. Normalerweise agiere die Mafia in Deutschland vollkommen unbehelligt im Stillen. Ihr käme zugute, dass Geldwäsche in Deutschland nicht geahndet werde, solange die kriminelle Herkunft des Geldes nicht geklärt sei. Die Mafia könne dabei den EU-Binnenmarkt hervorragend nutzen, ohne dass die polizeiliche Zusammenarbeit im Bereich der Mafiabekämpfung wirklich nachhaltig verbessert wurde.