Für seine umfängliche und facettenreiche Berichterstattung über europäische Themen wurde der Deutschlandfunk mit der Europa-Lilie für die herausragendste europapolitische Leistung ausgezeichnet. „Der Deutschlandfunk versteht Europa als Querschnittsaufgabe. Durch die fundierte Recherche und ausgewogene Berichterstattung zu den vielfältigsten europäischen Themen – sei es Kultur, Gesellschaft, Wirtschaft oder Politik – zeichnet der Deutschlandfunk ein umfassendes und abwechslungsreichendes Bild von Europa und seinen Menschen, von europäischen Erfolgsgeschichten ebenso wie Misserfolgen oder Krisen“, unterstrich EUD-Präsidiumsmitglied Sylvia-Yvonne Kaufmann in ihrer Laudatio.
„Europa ist eine politische Referenzgröße für uns“, bestätigte Thilo Kößler, Leiter der Abteilung „Hintergrund“ des Deutschlandfunks. Dies gelte nicht nur nicht nur für die Nachrichten, Magazinsendungen und Berichte, sondern auch für die Fachsendungen in der Kultur-, in der Bildungs-, oder in der Forschungsredaktion. Dabei mache es Europa einem nicht immer leicht zu berichten. „Das komplexe Gefüge, das innere Regelwerk, die Funktionsweise der Europäischen Union verlangen nicht nur ein spezielles Interesse von allen Kolleginnen und Kollegen, sondern auch eine ganze Menge Fachkenntnis und journalistischer Kompetenz, was übrigens unterstreicht, dass es natürlich nicht darum geht, in Europaeuphorie zu verfallen, europaromantisch zu sein oder die EU kritiklos zu begleiten.“
Kößler unterstrich: „Die EU ist, wenn sie ihr Publikum finden will, auf Erläuterungen und Erklärungen angewiesen. Was wir brauchen im politischen Journalismus ist nicht die schnelle These, die schnelle Meinung, der Provokante Zwischenruf – der muss auch seinen Platz haben –, aber was wir vor allem brauchen ist die Tiefenbohrung . Wir brauchen Sendeplätze, die erläutern, Orientierung schaffen, differenzieren, die nicht nur Stimmungen hinterherlaufen, sondern fragen, was steckt denn dahinter?“ Der Sender verstehe sich außerdem als Forum für Ideen und Problemlösungen und beziehe daher bewusst auch neue Akteure ein, wie Blogs, Think Tanks und Foren der politischen Kultur, und habe auch die Protestkultur im Blick. Der Preis sei Belohnung, Ansporn und Ermutigung, sagte Kößler, der den Preis zusammen mit der Europaredakteurin Katrin Michaelsen entgegennahm.
Die Europa-Lilie für Europäische Jugendarbeit zeichnete ebenfalls journalistisches Engagement aus. Das Onlinemagazin „Treffpunkt Europa“ der JEF Deutschland gibt jungen Europäerinnen und Europäern eine Stimme, eröffnet so neue Perspektiven auf aktuelle Themen und arbeitet auf eine europäische Öffentlichkeit hin. Die Redaktion ist mit Partnerplattformen wie dem französischen „Le Taurillon“, dem italienischen „Eurobull“ und dem englischsprachigen „The new federalist“ vernetzt und kooperiert eng mit ihnen. Texte werden ausgetauscht und aus dem Englischen, Französischen oder Italienischen ins Deutsche übersetzt und umgekehrt. „Mit unserer Arbeit wollen wir einen Beitrag für eine gut informierte europäische Öffentlichkeit leisten“, sagte Chefredakteur Julius Leichsenring. „Wir sind der Meinung, Europa ist eine gute Sache und muss geteilt werden!“
Der Publizist Henryk M. Broder, der die Europa-Distel für den größten europapolitischen Fauxpas für seine unsachliche und polemische Europakritik in seinem Buch „Die letzten Tage Europas“ erhielt, blieb bei seiner Meinung: „Kritik muss zersetzend sein“. Es gebe kein Gesetz, das besage, dass Kritik konstruktiv zu sein habe. Der Vorsitzende der Europa-Union Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag Manuel Sarrazin, der die Verleihung der Europa-Distel an Broder begründete, gab jedoch zu bedenken, dass Broders Kritik sprachlich zwar sehr gelungen, jedoch nicht immer ganz zutreffend sei. Sarrazin empfahl ihm daher: „Treffen Sie mit ihrer Kritik den Punkt, der wirklich Schmerzen bereitet. Dann haben wir auch mehr von Ihrer Kritik.“
“Es ist einfach zu sagen, was schlecht ist an Europa.“, stellte Perdita Wingerter fest, deren Verein Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V. mit der Europa-Lilie für bürgerschaftliches Engagement ausgezeichnet wurde. „Um die Europäische Idee zu verstehen, muss man sie erleben“, ist die Geschäftsführerin überzeugt. Dieses ermöglichen die vielfältigen Projekte des Vereins, die ehrenamtliches Engagement fördern und in denen Vielfalt und Toleranz erlebt und erlernt werden können. Die Teilnehmer der grenzüberschreitenden Projekte ihres Vereins seien so zu Botschaftern geworden, die bei Stammtischen, bei Gesprächen und in den Familien dem „Europa-Bashing“ etwas entgegenzusetzen hätten, freut sich Wingerter, die den Preis zusammen mit dem Vorsitzenden Toni Fischer entgegennahm.
Dennoch bedauerte sie, dass es aufgrund neuer europäischer Förderrichtlinien schwieriger geworden sei, internationale Projekte durchzuführen, die dem Erfahrungsaustausch und der Qualifizierung im ehrenamtlichen Bereich dienten. So würde vom Verein für ein bereits bewilligtes Projekt eine Bankbürgschaft von 168 000 Euro verlangt, die nicht zu realisieren sei. Damit könne das geplante Projekt, obwohl es inhaltlich und konzeptionell überzeugt habe, nicht realisiert werden.
Der Verein wurde für seine Projekte geehrt, mit denen er ehrenamtliches Engagement fördert und dazu beträgt, den Zusammenhalt und die Verständigung zwischen den Europäerinnen und Europäern zu stärken. Der Verein mache sich besonders für solche Menschen stark, die mehr als andere von Diskriminierungen und Ungleichheiten betroffen seien, wie Flüchtlinge und Migranten, Frauen und ältere Menschen, lobte die Europaabgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann. „Gemeinsam leben und lernen in Europa e.V.“ nutze seine vielen Projekte, um diesen Menschen eine Stimme zu geben und ihr Selbstbewusstsein zu stärken.
Der Abend endete mit einer Rede des Präsidenten der Union Europäischer Föderalisten Elmar Brok, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament. Brok erinnerte an die enorme Entwicklung, die die Europäische Union in den letzten Jahren und Jahrzehnten genommen habe. Nicht alleine sei es eine große Errungenschaft, dass heute 28 Mitgliedstaaten auf Grundlage des Rechts zusammenarbeiten. Auch den Frieden zwischen den Mitgliedstaaten verdanke man der EU. „Die Schlachterei der Jahrhunderte des Nationalstaates hat diese Europäische Union beendet. Und wenn sie nichts zu Wege gebracht hätte als dieses, allein dann hätte sie sich gelohnt“, betonte Brok. Erfreut zeigte er sich auch über die Wahl des EU-Kommissionspräsidenten nach der neuen Regelung des Lissabon-Vertrags, die er als „demokratische Revolution“ bezeichnete.