EU-Faktencheck
Übersicht
1. Soziales - Bürgerechte – Demokratie
Undemokratische EU-Kommission?
EU macht nationalen Sozialstaat kaputt?
2. Migration – Freizügigkeit - Flüchtlinge
Einwanderung in Sozialsysteme?
3. Landwirtschaft - Klima - Umwelt - Entwicklung
Agrarsubventionen nach Gießkannenprinzip?
Klimaschutzziele verringern Wettbewerbsfähigkeit?
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Soziales - Bürgerechte – Demokratie
Der Brüsseler Verwaltungsapparat ist ein ineffizientes Bürokratiemonster mit einer Unmenge von Beamten... STIMMT DAS?
Fakt ist
… dass die Europäische Union ca. 60.000 Menschen für ca. 450 Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger beschäftigt (Verhältnis 1 zu 7.500). Im Vergleich: Die Stadt Köln beschäftigt 21.800 (2024) Personen für ca. 1 Mio. Einwohner (Verhältnis 1 zu 46), davon direkt in der Verwaltung 8000 (Verhältnis 1 zu 125).
Lediglich 6 % des EU-Haushalts werden für Personal, Verwaltung und Gebäudeinstandhaltung ausgegeben; 94 % kommen den Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen, Bürgerinnen und Bürgern, Landwirten und Unternehmen zugute.
Quellen zum Weiterlesen:
Europäische Union
Europäischer Rat
Stadt Köln
Die Europäische Kommission wird nicht gewählt, dennoch hat nur sie das Recht, Gesetze vorzuschlagen. Sowas ist doch nicht demokratisch... STIMMT DAS?
Fakt ist
… dass die Personen, die die Spitzenämter der Europäischen Kommission ausüben, gewählt werden. So wird der/die Präsident/in der Europäischen Kommission durch das Europäische Parlament gewählt; dessen Parteienfamilien treten seit 2014 sogar mit Spitzenkandidaten für dieses Amt zur Europawahl an. Die EU-Mitgliedstaaten schlagen die Kommissare zwar vor, diese bedürfen aber einer Bestätigung durch das Europäische Parlament. Niemand kann gegen den mehrheitlichen Willen des Europäischen Parlaments Mitglied der EU-Kommission werden! Kandidaten müssen sich in einer Anhörung den Fragen der Europaabgeordneten stellen. In Deutschland hat der Bundestag – außer bei dem/der Bundeskanzler/in – kein Mitspracherecht bei der Ernennung von Ministern und Staatssekretären.
Zwar hat nur die Europäische Kommission das Initiativrecht für europäische Gesetze. Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union können diese aber nach ihrer Vorstellung verändern. Schließlich kann das Europäische Parlament auch über sog. Initiativberichte die Europäische Kommission dazu bringen, Gesetzesvorschläge zu machen. Vielen EU-Gesetzesvorhaben gehen zudem öffentliche Konsultationen voraus, an denen sich auch jede/r Bürger/in beteiligen kann. Das gibt es in Deutschland nicht.
Quellen zum weiterlesen:
Bundesregierung
Europaparlament
Brüssel entscheidet losgelöst von den Bürgerinnen und Bürgern Europas. Diese haben keine Einflussmöglichkeit... STIMMT DAS?
Fakt ist
… dass sich EU-Bürgerinnen und -Bürger auf verschiedene Art und Weise in europäische Gesetzgebungs- und Entscheidungsprozesse einbringen können: Erstens können sie sich an ihre jeweiligen Abgeordneten des Europäischen Parlamentes wenden. Zweitens können sie sich im Rahmen von Konsultationen an den Vorarbeiten zum Gesetzgebungsprozess beteiligen. Drittens können sie Petitionen beim Europäischen Parlament einreichen und viertens als Gruppe über das Instrument der Europäischen Bürgerinitiative selbst konkrete Gesetzgebungsvorhaben anstoßen. Schließlich können sie auch auf ihre eigenen nationalen Regierungen einwirken, dass diese sich im europäischen Gesetzgebungsprozess für bestimmte Positionen einsetzen.
Quellen zum weiterlesen:
Europäische Kommission 1
Europäische Kommission 2
Europäisches Parlament
Europäische Bürgerinitiative
Die EU hat ein Demokratiedefizit! Gesetze von der EU-Ebene sind nicht wirklich demokratisch legitimiert... STIMMT DAS?
Fakt ist
… dass das europäische Regierungssystem zwar nicht spiegelgleich zum deutschen, aber deswegen dennoch demokratisch legitimiert ist. Sowohl die Abgeordneten des Europäischen Parlaments als auch die im Rat der Europäischen Union vertretenen Regierungen der EU-Mitgliedstaaten werden demokratisch gewählt. In der überwiegenden Anzahl der Fälle beschließen sie gemeinsam europäische Gesetze. Allerdings sind die kleineren EU-Mitgliedstaaten wie Malta im Vergleich zu großen Mitgliedstaaten wie Deutschland – gemessen an ihrer Bevölkerungsanzahl – im Europaparlament (6 maltesische zu 96 deutschen Abgeordneten) und beim Gewicht der Stimmen der EU-Mitgliedstaaten im Rat der Europäischen Union überrepräsentiert. Hierauf haben sich die EU-Mitgliedstaaten geeinigt, um eine erdrückende Dominanz der großen Staaten zu verhindern.
Quellen zum Weiterlesen:
Bundeszentrale für politische Bildung
Bundestag (ausführliches Pro und Kontra)
Die Europäische Union macht Gesetze, die den Sozialstaat auf nationaler Ebene kaputt machen. Sie kümmert sich vor allem um Marktfreiheiten, nicht um Grundrechte... STIMMT DAS?
Fakt ist
… dass die Europäische Union nur solche Befugnisse ausüben kann, die sie von den Mitgliedstaaten erhalten hat. Die Kompetenzen für die Sozialpolitik haben die Mitgliedstaaten aber überwiegend für sich behalten, auch wenn einige sozialpolitische Zielsetzungen der Europäischen Union mit dem Vertrag von Lissabon (Dezember 2009) ausgeweitet wurden. Insgesamt besitzt die Europäische Union im Bereich Sozialpolitik nur wenige Gesetzgebungskompetenzen, bspw. für soziale Mindeststandards bei Arbeitsbedingungen, Arbeitsschutz sowie für Chancengleichheit. Das haben die Mitgliedstaaten so entschieden. Immerhin haben die Mitgliedsländer in der Europäischen Grundrechtecharta moderne soziale Grundrechte verankert, die für das europäische Recht bindend sind. Die Kompetenzaufteilung zwischen Europäischer Union und Mitgliedstaaten ändert diese aber nicht. Grundsätzlich prüft die Kommission soziale Auswirkungen ihrer Gesetzesvorhaben in umfassenden Folgeabschätzungen.
Quellen zum Weiterlesen:
Stiftung Wissenschaft und Politik
Bundeszentrale für Politische Bildung
Migration – Freizügigkeit - Flüchtlinge
Europa und hier insbesondere Deutschland tragen die Hauptlast der Flüchtlingskrise... STIMMT DAS?
Fakt ist
… dass weltweit 123,2 Millionen Menschen Ende 2024 auf der Flucht waren. Davon blieben 73,5 Millionen innerhalb ihres Landes. Von den Flüchtlingen, die ihre Herkunftsländer verlassen haben, wurden 67% von Nachbarländern, meist Entwicklungsländern, aufgenommen. Unter den Ländern, die aktuell die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben, befinden sich vor allem Staaten außerhalb der EU und der G7. An der Spitze stehen der Iran (mit rund 3,4 Millionen Flüchtlingen), die Türkei (etwa 3,3 Millionen), Kolumbien (2,8 Millionen), Deutschland (2,7 Millionen), Pakistan (2 Millionen) und Uganda (1,8 Millionen).
Auch innerhalb der Europäischen Union nahmen im Jahr 2024 im Verhältnis zur Einwohnerzahl andere Länder mehr Flüchtlinge auf als Deutschland, allen Zypern, gefolgt von Griechenland, Irland, Spanien und Luxemburg.
Quellen zum Weiterlesen:
Vereinte Nationen
Eurostat
„Brüssel“ versagt in der Flüchtlingspolitik: Europa schützt keine Flüchtlinge, sondern schottet sich ab... STIMMT DAS?
Fakt ist
…dass die hohe Anzahl der Schutzsuchenden 2015/2016 deutlich vor Augen geführt hat, dass die einzelnen EU-Mitgliedstaaten Fluchtbewegungen weder aufhalten noch deren Versorgung allein bewältigen können. Die EU strebt somit eine gemeinsame Migrations- und Asylpolitik an, um den Herausforderungen der irregulären Migration und des Flüchtlingsschutzes solidarisch zu begegnen. Zentrale Elemente dieses Ansatzes sind der Schutz der EU-Außengrenzen, die gerechte Verteilung von Asylsuchenden und die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern. Seit 2015 bemühen sich die EU-Kommission und das Europäische Parlament, die Mitgliedsstaaten zu einer einheitlichen und solidarischen Aufnahme von Asylsuchenden zu bewegen und so einigten sich die Mitgliedsstaaten auf eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS).
Mit dem im April 2024 verabschiedeten Migrations- und Asylpaket wurde erstmals ein verbindlicher Solidaritätsmechanismus eingeführt. Dieser sieht vor, dass Mitgliedstaaten jährlich entweder Geflüchtete aufnehmen oder durch finanzielle und operative Beiträge Verantwortung übernehmen. Gleichzeitig werden Verfahren an den Außengrenzen beschleunigt, Rückführungen besser organisiert und die Registrierung von Schutzsuchenden vereinheitlicht.
Auch wenn die Umsetzung national noch aussteht, markiert die Reform einen bedeutenden Schritt hin zu einer koordinierten europäischen Asylpolitik, getragen von Solidarität, Verantwortungsteilung und gemeinsamen Standards.
Gleichzeitig bleibt Kritik berechtigt: Die EU arbeitet auch mit Drittstaaten wie der Türkei, Tunesien oder Libyen zusammen, um irreguläre Migration zu begrenzen. Diese Politik ist umstritten, da sie teils menschenrechtlich fragwürdig ist und Geflüchtete in unsichere Verhältnisse zurückführen kann.
Quellen zum Weiterlesen:
Gute Gründe für Europa
Brot für die Welt
Europäische Kommission 1
Europäische Kommission 2
Europäische Kommission 3
Landwirtschaft – Klima – Umwelt - Entwicklung
Europa schreibt für die Landwirtschaft vor, dass Kühe auf Matratzen schlafen und Schweine Spielzeug bekommen müssen. Brüssel soll sich da nicht einmischen... STIMMT DAS?
Fakt ist
… dass das einschlägige EU-Recht dies nicht verlangt. Bei der Kuhhaltung schreibt es vor, dass das in Ställen verwendete Material „für die Tiere ungefährlich sein und sich gründlich reinigen lassen“ muss. Schweine müssen nach europäischem Recht „ständigen Zugang zu Beschäftigungsmaterial“ haben. Europäische Standards in der Nutztierhaltung setzen so der Möglichkeit, schlechtere Haltungsbedingungen zum Wettbewerbsvorteil zu machen, Grenzen.
Quellen zum Weiterlesen:
Richtlinie 98/58/EG des Rates
Richtlinie 2008/120/EG des Rates
EU-Agrarsubventionen werden nach dem Gießkannenprinzip verteilt... STIMMT DAS?
Fakt ist
… dass etwa ¾ der EU-Agrarsubventionen an die Landwirte als Direktzahlungen je Hektar landwirtschaftlicher Fläche gehen. Sie machen im EU-Durchschnitt 36 % (in Deutschland teilweise bis zur Hälfte) des Einkommens der Landwirte aus und dienen somit als Einkommensbeihilfe. Solche Subventionierungen halten manche für problematisch. Ohne diese Stützung wären aber viele landwirtschaftliche Betriebe derzeit nicht überlebensfähig.
Etwa ¼ der EU-Gelder werden durch Förderprogramme für nachhaltige und umweltschonende Bewirtschaftung und ländliche Entwicklung verteilt. Auch wenn diese Ziele weithin Anerkennung finden, wird die Konstruktion der Programme u.a. mit Blick auf ihre Wirksamkeit und Effizienz kritisiert. Im Rahmen der derzeit anstehenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik wird versucht, hierfür Lösungen zu finden.
Quellen zum Weiterlesen:
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
Europäische Kommission
ZEW
Die europäischen Klimaschutzziele sind zu ambitioniert, sie vermindern die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in Europa und Deutschland... STIMMT DAS?
Fakt ist
… dass sich die Europäische Union dazu verpflichtet hat, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55% (gegenüber dem Stand 1990) zu mindern und bis 2050 klimaneutral zu sein. Es spricht allerdings viel dafür, dass das nicht ausreicht, um das im Pariser Weltklimaabkommen von 2015 beschlossene Ziel zu erreichen, die Erderwärmung auf deutlich unter 2°C zu begrenzen. Ob dabei Klimaschutz zum Standortnachteil wird, hängt in jeder Ambitionsvariante von seiner Einbettung in die internationalen Klimaschutzkooperationen und -koalitionen sowie von der konkreten Konstruktion europäischer Klimaschutzinstrumente ab. Zu solchen Instrumenten gehören u.a. der Emissionshandel, die CO2-Bepreisung und die Einbeziehung aller Sektoren wie bspw. auch des Verkehrssektors.
Quellen zum Weiterlesen:
Europäische Kommission
Deutsche Welle
MCC
Die EU leidet an Regulierungswut: In Hinterzimmern werden unsinnige Maßnahmen vom Glühbirnenverbot bis zum Drosseln von Staubsaugern vereinbart... STIMMT DAS?
Fakt ist
… dass die Europäische Union die Effizienz der Energienutzung in der EU bis 2030 um 27% (oder mehr) steigern will. Energieeffiziente Elektrogeräte sind ein wichtiger Baustein, damit dieses Ziel erreicht werden kann. Weniger Stromverbrauch bedeutet auch Kosteneinsparungen für den Verbraucher. Energiesparlampen verbrauchen bspw. 80% weniger Strom als herkömmliche Glühbirnen. Staubsauger dürfen seit 2017 nur noch halb so viel Strom verbrauchen, wie es 2013 noch Durchschnitt war. Europäische Maßnahmen wie diese werden auf der Grundlage der sog. Ökodesign-Richtlinie in einem transparenten Verfahren unter Beteiligung von Verbraucherschutz-, Umweltorganisationen und Hersteller-Verbänden beschlossen.
Quellen zum Weiterlesen:
Europäische Kommission
Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz und Ökoinstitut e.V.
Verbraucherzentrale
In Deutschland sind wir Vorreiter im Klima- und Umweltschutz und ohnehin „Musterschüler“ Europas. Die Europäische Kommission brauchen wir hierzu nicht... STIMMT DAS?
Fakt ist
… dass die Europäische Kommission derzeit der Bundesrepublik Deutschland in 74 Fällen die Verletzung europäischen Rechts vorwirft, hierunter die fehlerhafte oder nicht rechtzeitige Umsetzung von 15 Richtlinien im Bereich Natur- und Umweltschutz. Diese Vertragsverletzungsverfahren betreffen u.a. die anhaltende Nitrat-Verunreinigung der Gewässer in Deutschland, die Überschreitung von Stickstoffdioxidwerten in der Luft vieler deutscher Städte sowie die Anwendung der Umgebungslärmrichtlinie und die Ausweisung von Naturschutzgebieten.
Quellen zum Weiterlesen:
Europäische Kommission 1
Europäische Kommission 2
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie