verhandelt wird“ führte Katharina Wolf, Landesvorsitzende der Europa-Union Sachsen, ein. „sondern es geht um die Migrationsgeschichte der DDR und in Ostdeutschland.“ Unsere Gäste waren Paolo Le van und Carla Baer Manolopoulou. Le van forscht als wissenschaftlicher Mitarbeiter des TU-Projekts „Ostdeutsche Migrationsgesellschaft selbst erzählen“ an der TU Dresden zu den Vertragsarbeitern aus Vietnam, Mozambique und Kuba. Manolopoulou hat kürzlich die Geschichte griechischer Bürgerkriegskinder, die Ende der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts in der DDR eine neue Heimat gefunden haben, aufgedeckt. Jürgen Küfner, Direktor der VHS Dresden, ergänzte einführend: „Nach über 30 Jahren der deutschen Wiedervereinigung bietet sich die Möglichkeit sich weitestgehend vorurteilsfrei und differenziert dem Thema zu nähern.“
Paolo Le van wurde kurz vor dem Mauerfall 1989 in der Oberlausitz geboren und hat in Dresden Philosophie, Politikwissenschaften und Soziologie studiert. Der Vater von Paolo Le van kam als Gastarbeiter nach Ostdeutschland, verliebte sich in eine Deutsche und gründete eine Familie. Obwohl verboten geschah dies bei vielen anderen Gastarbeitern aus Vietnam auch. Erst 1997 wurde das Bleiberecht in Deutschland ausgesprochen, bis zu dem Zeitpunkt waren diese Menschen staatenlos. „Ich habe mit meinen Eltern wenig über die Migration nach Ostdeutschland gesprochen“ so Paolo Le van, „eher mit anderen Eltern oder untereinander in der zweiten Generation“. Man merkt ihm an, dass er das vermisst hat.
„Einen überwältigenden Erzählbedarf hatten auch die Zeitzeugen aus Griechenland“, berichtet Carla Baer Manolopoulou. Im Projekt „Zwischen Heimat und Fremde“ deckt sie die Geschichte der griechischen Bürgerkriegsflüchtlinge in Sachsen auf. Von ca. 20.000 Kindern kommunistischer Kämpfer im Bürgerkrieg in Griechenland kam Ende der 40er Jahre die größte Gruppe mit ca. 1.100 Kindern nach Sachsen, genauer in ein Kinder- und Waisenheim nach Radebeul. Hier fanden sie eine neue Heimat, nur wenige sind später nach Griechenland zurückgekehrt. Im Mittelpunkt des Projektes steht auch hier die persönliche Geschichte der Betroffenen. “Es wird einen Dokumentarfilm geben und ein Buch in deutscher und griechischer Sprache. Weiterhin planen wir eine Wanderausstellung, die auch an mehreren Orten in Sachsen stattfinden wird.“ Projektträger ist das Griechenhaus Leipzig e.V. und Projektpartner die Universität Korfu.
„Diese Gruppe der Migrant: innen waren lange stumm. Wir wollen Ihnen mit diesem Projekt ihre Stimme zurückgeben.“
Dieser Aufgabe hat sich Paolo Le van auch in dem wissenschaftlichen Projekt gestellt. Seit April 2021 arbeitet er am Zentrum für Integrationsstudien der TU Dresden zum Projekt „MigOst“. An den Standorten Halle, Cottbus und Dresden wird in Geschichtswerkstätten und Bürgerlaboren Biographiearbeit mit Migranten und Migrantinnen sowie migrantisierten Personen mit Wurzeln in Vietnam, Mozambique und Kuba wissenschaftlich begleitet. Ziel des Projekts ist eine partizipative Reflektion. Denn obwohl die DDR und Ostdeutschland eine kontinuierliche Geschichte der Migration haben, werden diese vielstimmigen, migrantischen Perspektiven vielfach außer Acht gelassen und erfahren wenig öffentliche Aufmerksamkeit. Durch das Projekt werden auch dominante Narrative über Ostdeutschland in Frage gestellt.
In der Zusammenschau seiner wissenschaftlichen Arbeit und seiner eigenen Biografie beantwortete Paolo Le van die Frage, was getan werden kann, um Migrant: innen eine einfachere Integration zu ermöglichen: „Die Sprache ist der Schlüssel zum Zugang in die Gesellschaft.“ Er würde allerdings eher ein Modell vorschlagen die im Unterricht gelernte Sprache mit einer Teilzeitstelle zu kombinieren, damit diese gleich zur Anwendung kommt. „Viele Migrant: innen möchten sich direkt aktiv in die Gesellschaft einbringen, erlernte Sprache anwenden und arbeiten.“
Der Abend „Europäischer Salon“ geht zu Ende, die Erfahrungen und Geschichten bleiben und aus der Vergangenheit lernen wir für eine hoffnungsvollere Zukunft.